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hobbytipp 330
Lust auf Spielen neu entdeckt
Alles nur noch Zappelphilippe?
Foto Junge: Rechte: WDR
Foto Junge: Rechte: WDR
Zappelphilippe haben
Schwierigkeiten sich
zu konzentrieren.


Medikamente mit den Handelsnamen �Ritalin' oder �Medikinet' enthalten den Wirkstoff Methylphenidat und werden bei einer Krankheit von Kindern und Jugendlichen verordnet, die unter dem Stichwort �Zappelphilipp', �hyperaktive Störung' oder auch �Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom' (ADS) in den letzten Jahren erst so richtig bekannt wurde. Gemeint sind damit Kinder, die über ein normales Maß hinaus Probleme haben, sich zu konzentrieren und unter einer ausgeprägten Unruhe leiden. Außerdem fallen sie durch überdurchschnittlich impulsives Handeln auf.
Foto Kinder in Schule: Rechte: DPA
Foto Kinder in Schule: Rechte: DPA
Spätestens in der Schule
bekommen Zappel-
philippe Probleme.
Meist verstärken sich diese Probleme, wenn die Kinder in die Schule kommen. Hier müssen sie still sitzen und sich intensiv mit einer bestimmten Aufgabe beschäftigen. Die Kinder werden dann häufig zu Außenseitern, weil sie durch ihre Unruhe oder auch durch Aggressionen stören und keine Regeln einhalten können. Im Spiel genauso wie im Unterricht. Die Geduld aller Beteiligten ist dann meist schnell überstrapaziert, so dass die Reaktionen für das betroffene Kind wiederum sehr schwer zu ertragen sind. Die anfänglichen Schwierigkeiten werden dadurch natürlich noch verstärkt. Ein Teufelskreis! Es verwundert zunächst nicht, wenn in so einer angespannten Situation dann eben auf das Methylphenidat zurückgegriffen wird.
Grafik "Verbrauch an Methylphenidat"; Rechte: WDR
Grafik "Verbrauch an Methylphenidat"; Rechte: WDR
Seit 1993 ist der
Verbrauch an Methyl-
phenidat um mehr als
das 20-fache gestiegen.

Forscher konnten bei dieser Krankheit eine Störung im Bereich der Botenstoffe des Gehirns nachweisen. Der Wirkstoff Methylphenidat aktiviert das Gehirn für etwa zwei bis vier Stunden, so dass die Konzentration auf eine Sache leichter fällt. Die Unruhe nimmt dabei automatisch mit ab. Der Wirkstoff gehört deshalb zu den sogenannten "Psychostimulantien".
Die Ursachen für das Zappelphilipp-Verhalten sind außerordentlich vielfältig. Bei manchen Kindern treten tatsächlich Fehler in der Informationsverarbeitung im Gehirn auf, bei anderen sind es familiäre Probleme, Bewegungsmangel oder auch die Reizüberflutung, die ihnen zu schaffen macht. Auch erbliche Faktoren oder Komplikationen während der Schwangerschaft werden als Ursachen diskutiert. Doch bis heute gibt es keine eindeutige Erklärung für die Entstehung hyperaktiver bzw. hyperkinetischer Auffälligkeiten.

Laut Bundesopiumstelle ist der Verbrauch des Wirkstoffes Methylphenidat in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Waren es 1993 noch 34 kg, wurden im Jahr 2001 fast 700 kg verordnet! Damit ist der Verbrauch innerhalb von neun Jahren auf mehr als das 20-fache angewachsen.

Doch das eigentlich Paradoxe an dieser Geschichte ist: Experten schätzen, dass nur 5 bis 20% der Kinder, denen Ritalin verschrieben wird, tatsächlich von einer echten hyperaktiven Erkrankung betroffen sind - bei allen anderen stimmt die Diagnose nicht. Der Großteil der Kinder ist zwar unruhig, leidet aber nicht unter der Krankheit ADS. Ihre Unruhe hat ganz andere Ursachen. Ein klares Zeichen dafür, dass für die Diagnose viel zu wenig Zeit verwendet wird und die Ärzte auf diesem Gebiet miserabel ausgebildet sind. Kein Wunder übrigens, wenn man weiß, wer diese Medikamente verschreibt: Neben den geschulten Ärzten, die spezielle Fortbildungen besucht haben wie Kinderärzte oder Kinderpsychologen, sind es nämlich vor allem auch fachfremde Ärzte wie HNO-Ärzte, Radiologen, ja sogar Zahnärzte, die diese Medikamente verordnen. Und das, obwohl sich alle Fachleute einig sind, dass die Diagnose des Aufmerksamkeits-Defizit-Syndroms äußerst schwierig ist und sehr umfangreicher Untersuchungen bedarf.
 
hobbytipp
Vorwort
Wie lange spielt der Mensch?
Der Sinn des Spiels
Spielen fürs Leben
Alles nur noch Zappelphilippe?
Die Frage des Spielzeugs
Mit allen Sinnen spielen
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