 |
| | hobbytipp 333  Umweltschutz ohne Frust  | |
Harte Putzmittel sind aggressiv und umweltschädlich, milde haben oft nicht die gewünschte Reinigungswirkung. Forscher suchen deshalb nach immer neuen Methoden, auf sanftem Wege für Sauberkeit zu sorgen. Zum Beispiel eine besondere Struktur der Oberflächen: Sie werden so konstruiert, dass sie Wasser und Schmutz abweisen.
Raffinierte Putzmittel sollen dafür sorgen, dass Regen und Staub Fenstern über viele Wochen nichts anhaben können. Alles Zukunftsmusik? Es gibt bereits erste Lösungsansätze, die sich auf dem Markt behaupten. |
  Nach dem Vorbild der Natur: Der Lotus-Effekt   |  |  |  |  | 
 |  |  |  |  |  | Durch die spezielle Lotus-Oberfläche zieht sich Wasser durch seine Oberflächenspannung fast bis zur Kugel zusammen. Aufgenom- mener Schmutz schwimmt auf seiner Oberfläche
|  |
Wer hat beim Hausputz nicht schon einmal von den berühmten Heinzelmännchen geträumt, die lästige Arbeiten über Nacht erledigt haben? Die Antwort der Wissenschaft sind Oberflächen, auf denen Schmutz schlecht haftet und die sich quasi von selbst reinigen.
In der Natur sind solche Effekte gar nicht so selten. Viele Pflanzen verhindern dadurch zum Beispiel, dass ihre Blätter verstauben. Besonders effektiv gelingt dies den Lotus-Pflanzen.
   |  |  |  |  | 
 |  |  |  |  |  | Die Oberfläche des LotusBlattes unter dem Raster- Elektronenmikroskop. Nicht glatt, sondern extrem rauh. Die Aufnahme ist bereits nahe der Auflösungs- grenze des Mikroskops
|  |
In Asien ist die Lotus-Pflanze das Symbol der Reinheit. Schmutz hat auf ihren Blättern kaum eine Chance. Grund hierfür ist die Wachsschicht, die viele andere Pflanzen normalerweise nur vor Wasserverlust schützt. Bei der Lotuspflanze verhindert die nur unter dem Rasterelektronenmikroskop erkennbare Noppenstruktur, dass Wasser und Schmutz haften bleiben können. Schmutz wird vom Regenwasser abgespült, ein perfekter Selbstreinigungsmechanismus.
  Der Bonner Forscher, Prof. Barthlott, hat diesen Effekt untersucht und herausgefunden, wie er für schmutzabweisende Produkte eingesetzt werden kann. Hierfür hat er 1999 den Deutschen Umweltpreis erhalten.
  Produkte mit Lotus-Effekt   |  |  |  |  | 
 |  |  |  |  |  | Teststücke, die mit herkömmlicher Fassadenfarbe ge- strichen wurden, bleiben im Schlammbad nicht unbefleckt |  |
Inzwischen sind erste Produkte erhältlich, bzw. kurz vor der Markteinführung, die nach diesem Prinzip funktionieren. Neben Textilien und Dachschindeln, die noch in der Erprobung sind, gibt es im Maler-Fachhandel bereits eine Fassadenfarbe.
  Sie soll eine Häuserwand auch nach Jahren noch unbefleckt erscheinen lassen. Falls auf die Wand nicht genügend Regen trifft, reicht abbrausen mit dem Schlauch zur Reinigung völlig aus. Oberflächen, die dach dem Lotus-Effekt funktionieren, kann man leicht daran erkennen, dass Tropfen schon bei geringstem Gefälle zu fließen beginnen. Man kann dies durchaus als Selbstreinigung bezeichnen, denn Schmutz wird durch Wasser abgespült, Wischen entfällt.
 | Allerdings haben diese Oberflächen auch Besonderheiten, die man bedenken muss:
|  |  |  | Lotus-Oberflächen können nicht glänzen. Dies liegt an der rauen Oberfläche
|  |  |  | Sie sind sehr empfindlich gegen mechanische Belastung. Auf Fußböden z.B. würde die empfindliche, mikroskopische Noppenstruktur zerstört
|  |  |  | Tenside und andere Waschaktive Substanzen stören den Effekt. Dadurch fallen Bad und Spülbereiche für die Nutzung weitestgehend aus
|
 | Schmutzabweisende Oberflächen |  | |
Neben dem Lotuseffekt gibt es noch weitere Möglichkeiten, Oberflächen so zu verändern, dass sie sich leicht und mit geringem Putzmitteleinsatz reinigen lassen. Dabei haben die Entwickler völlig unterschiedliche Lösungsansätze verfolgt. Mitunter schießt die Werbung übers Ziel hinaus und bringt solche Produkte in Zusammenhang mit der Lotus-Pflanze. Mit der Lotus-Mikrostruktur haben die drei folgenden Oberflächentypen aber nichts gemein. Trotzdem sind auch sie für bestimmte Einsatzzwecke gut geeignet.
|
 | Wasserliebende Beschichtungen |  | |
Die Substanz, die diese Produkte prägt, ist Titandioxid. Es ist eine häufig eingesetzte Substanz, z.B. ist sie einer der wichtigsten Bestandteile in Sonnenschutzmitteln, genauer Sunblockern. Auch als besonders gut deckender Zusatz in Wandfarben findet sie Verwendung.
Zur Oberflächenveredelung werden feinste Partikel des Titandioxids vor der letzten Brennphase auf eine Glasur oder Glasscheibe aufgebracht und eingebrannt.
Wasser verhält sich auf solchen Flächen völlig anders als auf einer Lotus-Pflanze. Hier bleibt Wasser nicht als Tropfen liegen, sonder zerfließt zu einer großen Fläche. Dadurch können sich beim Trocknen kaum Tropfenränder bilden. Dadurch, dass Wasser eher angezogen wird, haften die meisten Fette eher schlecht darauf. Fettschmutz lässt sich daher besonders gut entfernen. So sind Produkte mit Titandioxidbeschichtung gut für Bad und Küche geeignet. Das Wasser soll bei Kontakt mit Fett dieses buchstäblich unterwandern und es auch ohne Spülmittel vom Untergrund ablösen. |
   |  |  |  |  | 
 |  |  |  |  |  | Öltropfen lösen sich im Wasser von selbst von einer Fliese.
|  |
Aber dies ist nicht die einzige positive Eigenschaft dieser Beschichtung.
Titandioxid zeigt unter dem Einfluss von UV-Licht einen sogenannten photokatalytischen Effekt. Dabei entstehen auf der Oberfläche z.B. einer Fliese, aus Wasser und dem Luftsauerstoff reaktive Sauerstoffmoleküle. Diese sollen den anhaftenden organischen Schmutz ähnlich wie bei einem Bleichmittel in seine chemischen Bestandteile auflösen und dadurch leichter entfernbar machen. Einer deutschen Firma soll es gelungen sein, diesen photokatalytischen Effekt auch für Fliesen für Innenräume nutzbar zu machen. Neben Fliesen werden aber auch Fensterscheiben mit Titandioxidbeschichtungen angeboten. Auf deren Außenseite ist ja tagsüber immer ausreichend UV-Licht vorhanden. Auch eine desinfizierende Wirkung soll mit diesem Effekt einhergehen.
Obwohl die Beschichtung mit Titandioxid dieselbe Haltbarkeit aufweisen soll wie Fliesen oder Glasscheiben, sind die Pflegehinweise zu befolgen. Ein Putzmittelrückstand senkt den schmutzabweisenden Effekt stark.
 | |
|
 | Beschichtungen aus organischen Verbindungen |  | |
Die Funktionsweise dieser Beschichtungen ist ähnlich wie die der Teflonpfanne. Deren Antihaft-Oberfläche sorgt dafür, dass auch ohne Fett das Bratgut kaum an der Pfanne haftet.
Für die nachträglich aufgebrachten Oberflächenbeschichtungen gilt ähnliches. Sie machen das Glas oder die Keramik zunächst einmal wasserabstoßend. Nicht so stark wie beim Lotus-Effekt, aber ausreichend, um z.B. Wassertropfen aus einem Waschbecken abrollen zu lassen. Dazu kommt noch ein schmutzabweisender Effekt.
Für diese Oberflächen gilt aber auch im täglichen Gebrauch ähnliches wie für die Teflonpfanne. Man muss sich genau an die Pflegehinweise halten und darf vor allem keine aggressiven und scheuernden Putzmittel verwenden. Diese würden die Beschichtung schnell zerstören.
Es gibt Produkte, mit denen sich Oberflächen, etwa Fensterscheiben, nachträglich beschichten lassen. Diese Oberflächen müssen erst recht korrekt gepflegt werden. Allzu schnell wäre sonst die Scheibe wieder in den Ausgangszustand versetzt.
|
 | externe Links |  | Hersteller:
|  |  |  | www.villeroy-boch.com
|  |  |  | www.nanogate.com
|
 | Superglatte Oberflächen |  | |
Hier wird durch ein spezielles Brandverfahren erreicht, dass sich eine nahezu porenfreie Oberfläche bildet. Schmutz kann weniger gut anhaften, weniger Reinigungsaufwand ist nötig. Bisher wird dieses Verfahren eher für Produkte im Gastronomiebereich eingesetzt. Vor allem dort, wo extrem starke Beanspruchung erfolgt. Aber in absehbarer Zeit werden sicherlich auch Privatkunden von dieser Technik profitieren.
|
 | |
|
 | Heinzelmännchen für jedermann? |  | |
Die von uns vorgestellten "Intelligenten Oberflächen" sind eigentlich schon lange überfällig. Im Nachhinein ist eigentlich kaum nachzuvollziehen, warum sich die Industrie so lange Zeit gelassen hat, auch einmal an die Pflegefreundlichkeit zu denken.
Auch wenn es nicht das ideale Produkt für alle Zwecke gibt, so sind die vorgestellten doch Schritte in die richtige Richtung. So kann neben dem Komfortgewinn auch noch etwas für die Umwelt herausspringen, weil weniger Putzmittel benötigt werden.
Ob Sie es einmal mit einer leichter zu reinigenden Oberfläche versuchen möchten, bleibt letztlich eine Geldfrage. Meist sind rund 10% Aufschlag zum herkömmlichen Produkt fällig, wobei die entsprechenden Firmen ohnehin im höheren Preis-Segment angesiedelt sind. Komfort kostet eben Geld. Geld sparen lässt sich nur im professionellen Einsatz, etwa bei Großobjekten. Es ist dort schon ein Unterschied, ob die Scheiben eines Hochhauses durch Fensterputzer nur noch halb so oft geputzt werden müssen.
Solange noch keine jahrelangen Erfahrungen und Testberichte von Verbraucherorganisationen wie Stiftung Warentest vorliegen, sollten Sie bei solide erscheinenden Firmen kaufen. Diese können Sie haftbar machen, wenn das vielgepriesene Produkt keines der Versprechen halten sollte. |
| | |