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| | hobbytipp 336  Gesunder Rücken    |  |  |  |  | 
 |  |  |  |  |  | Die Glisson-Schlinge wird vom Prinzip her auch heute noch von Orthopä- den angewendet. |  |
Das Strecken der Wirbelsäule, die sogenannte Traktion, wird von Orthopäden und Therapeuten schon seit langem zur Behandlung von vielerlei Rückenbeschwerden eingesetzt. Bereits im 16. Jahrhundert hat der britische Arzt Francis Glisson Wirbelsäulenbeschwerden mit einem leichten Zug am Kopf gelindert. Die Glisson-Schlinge trägt noch heute seinen Namen.
Die kostengünstigste Methode, die Wirbelsäule zu strecken, ist das Aushängen an Reckstangen. Diese sind bereits ab 15 Euro zu haben und motivieren zum spontanen hängen und hin- und herschwingen. Dank einer Rutschsicherung können diese einfach bei Bedarf in den Türrahmen geklemmt werden.
 | "Die Fledermaus" oder "Sich mal so richtig hängen lassen" |  | |
Das Aushängen des Körpers bei Fixierung der Füße wird seit langem von Orthopäden und Therapeuten zur Behandlung von vielerlei Rückenbeschwerden eingesetzt. So genannte Hängestreckliegen ermöglichen die �Fledermausstellung' und wurden mittlerweile auch für den Privathaushalt konzipiert. Diese gelten beispielsweise als probates Mittel bei Schulterverspannungen und Hexenschuss. Aber auch nach längerem Sitzen, einem Großeinkauf oder Gartenarbeit kann die Überkopflage zur Vorbeugung und als Ergänzung zur Rückengymnastik sinnvoll eingesetzt werden. Dabei wird nicht nur die Wirbelsäule entlastet, sondern auch die Rückenmuskeln und die Bänder strecken und entspannen sich.
Wer's nicht ganz kopfüber mag, der kann sich auch in einer Zwischenposition aushängen. Für die Bandscheibenregeneration ist eine Neigung von etwa 30 Grad und eine Dauer von fünf bis zehn Minuten ideal. |
  Stretching im Schlaf : Traktionsmatratzen   |  |  |  |  | 
 |  |  |  |  |  | Schräggestellte Rippen strecken sanft den Rücken
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Eine kleine Revolution auf dem Matratzensektor versprechen Systeme, die im Liegen eine sanfte Entlastung durch zusätzliche Streckung der Wirbelsäule bewirken. Die aus Schaumstoff oder Naturlatex gefertigten Traktionsmatratzen besitzen in ihrer Oberfläche schräg eingeschnittene Rippen, die sich bei Belastung seitlich wegdrücken. Der Clou ist, dass die Matratze aus zwei Hälften, mit jeweils unterschiedlich gerichteten Rippenneigungen, besteht. Sie strecken den Körper sowohl oberhalb des Lendenwirbelbereiches zum Kopf, als auch die untere Körperhälfte zu den Füßen hin.
Mit der Wirkung einer Hängestreckliege ist diese Dehnung allerdings nicht vergleichbar. Immerhin dauert sie jedoch eine ganze Nacht lang an, was mit einer gleichmäßigen Streckung der Rückenmuskulatur und einer effektiven Entlastung aller Bandscheiben einhergeht. Traktionsmatratzen können nicht nur vorbeugen. Auch bei chronischen Rückenbeschwerden, älteren - nur eingeschränkt beweglichen - Menschen können sie helfen
Die Anschaffungskosten betragen rund 1300,- EURO. Deshalb empfehlen wir Rücksprache mit dem Arzt.
 | Was passiert eigentlich beim Strecken ? |  | |
Um zu verstehen, wozu wir eine regelmässiges Strecken brauchen und was dabei passiert, müssen man sich klar machen, was über Tag - also schon unter ganz normaler Belastung - mit unserer Wirbelsäule passiert. Als Ausgangspunkt nimmt man den Zustand am Morgen, direkt vor dem Aufstehen, an: Die Wirbelsäule ist von der Seite betrachtet in ihrer normalen, entlasteten Doppel-S-Form, wie in unserer ersten Grafik dargestellt. In diesem Zustand haben wir unsere maximale Größe. Schon kurz nach dem Aufstehen werden wir allerdings schnell kleiner. Von den insgesamt durchschnittlich 1,4 Zentimetern (Frauen) bzw. 1,7 Zentimetern (Männer), die ein Erwachsener am Tag "schrumpft", passieren zwei Drittel innerhalb der ersten zwei bis drei Stunden nach dem Aufstehen. Es ist die Schwerkraft, die uns kleiner werden lässt. Sie wirkt, wenn wir aufgerichtet sind, in Richtung unserer Körperachse zum Erdmittelpunkt hin. Und das bewirkt wiederum zwei Dinge: Zum einen wird der Druck auf die Bandscheiben generell größer - im Vergleich zum Liegen verfünffacht er sich beim Stehen. Da die Bandscheiben elastisch sind, werden sie zusammen gedrückt und die in ihnen enthaltene Flüssigkeit wird ausgepresst. Zum anderen - und das ist für unsere Grösse entscheidender - wird die S-Form der Wirbelsäule ausgeprägter, das S wird immer bauchiger. |
  Beide Vorgänge sind an sich nicht grundsätzlich schlecht. Nur wie so oft darf es nicht einseitig werden. Unser Körper ist nun einmal ein dynamisches Gebilde und lebt von der Abwechselung - das gilt besonders für unsern Rücken. So geben die Bandscheiben mit der ausgepressten Flüssigkeit auch Abfallstoffe aus ihrem Stoffwechsel ab, sie brauchen dann aber wiederum auch Nährstoffe, welche mit neuer Flüssigkeit hereingebracht werden. Das heisst sie brauchen Entlasstung vom Druck der Schwerkraft - also Hinlegen und Streckung. Gerade die Bandscheiben sind essentiell darauf angewiesen. Sie sind nämlich nicht durchblutet und können also nicht auf diesem Wege Nahrung bekommen. Und auch unsere Wirbelsäule nimmt durch ständigem Druck Schaden. Die Spannung auf die Gelenke und Gelenkapseln nimmt zu, was zu Verschleiß und Schmerzen führt. Die Muskeln werden ungleichmäßig belastet: während die vordere Rumpf- und Bauchmuskulatur sich verkürzt bzw. erschlafft, wird die Rückenmuskulatur teils überdehnt teils verkürzt. Auch dies führt zu Schmerzen und dazu, dass die Muskeln geschwächt werden. Sie können ihre wichtige Stützfunktion nicht mehr richtig erfüllen.Die Belastung auf Bandscheiben und Gelenke steigt erst recht an.
  Die Streckung ist es nun, die den Druck von unserer Wirbelsäule nimmt. Dazu bedarf es eigentlich nichts weiter, als dass wir uns hinlegen und etwas Geduld. Denn wenn wir flach auf dem Rücken liegen, ist zum einen der Hauptdruck von unseren Bandscheiben genommen und zum anderen wirkt die Schwerkraft so, dass sie jeden einzelnen unserer Wirbel nach unten zieht. Dadurch flacht die S-Form wieder ab, die Wirbelsäule streckt sich. Beim Längerwerden ist sie allerings etwas langsamer als beim Kleinerwerden, es braucht ca. eine Nachthälfte um zwei Drittel der verlorenen Grösse wieder zu erlangen. Zusätzliche Streckverfahren, wie die oben erwähnte Matratze, beschleunigen diesen Vorgang und sind deshalb hervorragend für eine kurze Entlastung zwischendurch geeignet. Schon eine halbe Stunde liegen kann so einen zwischenzeitlichen Höhenzuwachs von bis zu knapp einem halben Zentimeter bewirken. Allerdings bewirken sie zwar ein "Schneller", aber nicht unbedingt ein "Mehr", also keine zusätzliche Streckung über das hinaus, was z.B. im Laufe einer Nacht an Streckung sowieso erzielt würde.
Wie gross der Einfluss der Schwerkraft ist, kann man gut an dem was passiert, wenn sie wegfällt beobachten - an Astronauten: Bei längerem Aufenthalt im All beginnt deren Wirbelsäule wieder eine ganz gestreckte Form anzunehmen - wie bei Neugeborenen.
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